Möglichkeiten von Datenaustausch und Zusammenarbeit im urbanen Raum / 2018

Urbane Datenräume stärken Souveränität und Wirtschaft von Kommunen

Presseinformation IAIS /

Heute stellten die Fraunhofer-Institute FOKUS, IAIS und IML in Berlin die Studie »Urbane Datenräume – Möglichkeiten von Datenaustausch und Zusammenarbeit im urbanen Raum« vor, beauftragt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das Forscherteam untersuchte dafür beispielhaft das Datenmanagement in Bonn, Dortmund, Emden und Köln. Die Experten empfehlen dezentrale urbane Datenräume nach offenen Standards. Denn urbane Datenräume fördern die Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen sowohl auf Basis offener als auch kommerzieller Daten und beteiligen Kommunen an den Innovationserfolgen.

In einer Kommune werden viele unterschiedliche Daten produziert, vom Verkehr über den Wasserkonsum bis hin zum Wahlverhalten. Sie werden in Unternehmen, Behörden, Wissenschaftsorganisationen und auf privaten Endgeräten in unterschiedlichen Formaten gespeichert. »Smart« wird eine Stadt aber erst dann, wenn die Daten sicher und vertrauenswürdig vernetzt, für Interessierte auffindbar sowie verständlich gemacht werden. Sie können dann für neue Dienste und Produkte genutzt werden, die das Leben in der Stadt verbessern und idealerweise auch die kommunalen und regionalen Unternehmen stärken, wie Mobilitätsdienste, die mit Hilfe einer guten Datenbasis aktuelle Baustellen, Veranstaltungen, Wetter und Verkehrslagen berücksichtigen.

Um sich ein aktuelles Bild vom Datenmanagement in Kommunen zu machen, hat die Forschungsgruppe der Fraunhofer-Institute für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS), für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) und für Materialfluss und Logistik (IML) die Situation in Bonn, Dortmund, Emden und Köln untersucht. Das Team hat dazu mit Vertreterinnen und Vertretern aus Verwaltungen und kommunalen Unternehmen gesprochen: Die vielfältig vorhandenen Daten sind sehr heterogen und oftmals nicht für die externe Nutzung aufbereitet. So sind sie häufig nicht weiterverwendbar und von weiterführenden Prozessen ausgeschlossen. Zudem fehlt meist ein systematischer Überblick und datenbasierte Geschäftsmodelle werden kaum gefördert. Das wollen die befragten kommunalen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger ändern. Sie gehen davon aus, dass die systematische Nutzung urbaner Daten erheblich zur Verbesserung der Verwaltung und der öffentlichen Angebote, der Arbeits- und Lebensqualität, zu gesteigerten Wachstumschancen und zu mehr Sicherheit und besserer Politikgestaltung führen wird.

Für eine verbesserte Nutzung und größere Verfügbarkeit urbaner Daten empfiehlt die Studie den Kommunen einen individuell ausgestalteten urbanen Datenraum, der auf einen gemeinsamen offenen Plattformkern für urbane Datenräume effizient und kostengünstig aufgesetzt werden kann.

Der urbane Datenraum kann frei verfügbare Daten bereitstellen, beispielsweise aus Open-Data-Portalen, sowie zugangsgeschützt, kommerziell verfügbare Daten, wie anonymisierte Bewegungsdaten von Smartphones von Telekommunikationsunternehmen. Darüber hinaus kann er auch hochgradig geschützte interne Daten enthalten, wie Statistiken der Polizei mit personenbezogenen Daten. Das Netzwerk der Akteure, die Daten bereitstellen, verarbeiten und nutzen, kann von den Betreibern und Förderern des Datenraumes, etwa des Bürgermeisters, über Datenbereitsteller, wie kommunale Unternehmen, bis hin zu den Bürgern, Touristen oder auch Entwicklern von datenbasierten Geschäftsmodellen reichen.

Für die technische Umsetzung wird die Nutzung einer offenen Referenzarchitektur empfohlen, wie zum Beispiel in der DIN SPEC Offene Urbane Plattformen 91357 definiert. Eine solche Architektur ist modular aufgebaut, erfüllt Prinzipien wie Interoperabilität, Wiederverwendbarkeit, Sicherheit und Skalierbarkeit und kann Daten sowie Metadaten statisch und dynamisch integrieren.

Die aktuelle rechtliche Lage für urbane Datenräume ist widersprüchlich und häufig nur auf Ebene einzelner Verträge feststellbar. An Stelle der rechtlichen Zuordnung tritt oft die »faktische Verfügungsgewalt«. Das heißt, in der Praxis haben diejenigen die Datenhoheit, die die Dateninfrastruktur kontrollieren und die nötigen Zugriffsmöglichkeiten haben – oft zentrale US-amerikanische Plattformen. Das Fraunhofer-Forscherteam plädiert daher dafür, urbane Datenräume regional zu verankern. Diese regionalen Datenräume sollten organisatorisch und regulatorisch tief in die kommunalen Abläufe eingebunden werden und proaktiv aktuelle technische Ansätze für Datenmanagement, Datenschutz und Datensouveränität integrieren. So geht keine Zeit verloren, bis die rechtlichen Rahmenbedingungen umfassend geklärt sind, und die kommunale Datenhoheit wird (wieder)hergestellt.

Prof. Dr.-Ing. Ina Schieferdecker, Leiterin des Fraunhofer FOKUS, fordert deshalb: »Kommunen sollten jetzt aktiv werden, um ihre Teilhabe an der Datenökonomie zu sichern. Auf dem Weg hin zu einer modernen, nachhaltigen und vernetzten Stadt oder Gemeinde wollen wir Kommunen mit unseren Empfehlungen, Plattform- und Methodik-Angeboten für urbane Datenräume unterstützen.«

Die Studie können Sie hier herunterladen: https://www.fokus.fraunhofer.de/de/fokus/projekte/urbane_datenraeume