Erinnerungen

Berühmte Gäste auf Schloss Birlinghoven

Ins erhalten gebliebene Gästebuch des Schlosses aus den Jahren 1917 bis 1924 haben sich viele Besucher eingetragen.

Sehr häufig und oft für ein paar Wochen waren die beiden Töchter der Familie Hagen mit ihren Familien zu Besuch. Gern gesehene Gäste waren die Oppenheims und andere Bänker. Enge Verbindungen bestanden zum Klerus; insbesondere Dompropst Dr. Middendorf war mehrfach zu Besuch. Außerdem haben sich die Kardinäle v. Hartmann (Juni 1918) und Schulte (zur Kapelleneinweihung 1921) ins Gästebuch eingetragen. Heute noch bekannte Gäste im Schloß waren vor allem Konrad Adenauer und Carl Duisberg.

Die Eintragungen ins Gästebuch beginnen mit Carl Hagen, der Glück und Segen wünscht. Tochter Elisabeth von Wrede schreibt am 8. Juni 1917: "Gebe Gott, daß den lieben Bewohnern dieses Hauses in demselben nur so schöne Tage beschieden sein werden, wie wir sie jetzt zum ersten Male mit ihnen hier verleben durften. Uns werden sie unvergeßlich sein."

Im November und Dezember 1918 wurden verschiedene Offiziere im Schloß empfangen, offenbar Kommandeure der sich entsprechend dem Versailler Vertrag hinter den Rhein zurückziehenden deutschen Truppen.

Außer dem Gästebuch sind auch einige Speisekarten erhalten geblieben. Es gab erlesene Speisen, zum Beispiel Ananas im Winter. Und Käsesandwiches zum Abschluß des Essens zeigen, daß es sicher auch reichhaltig war.

Carl Duisberg

Prof. Dr. phil. Dr. ing. et med. h Dr. rer. nat. und Dr. agr. Carl Duisberg, der Generaldirektor der Farbenfabriken Bayer, und Frau H. Duisberg waren zum ersten Mal am 17. August 1917 im Schloß. Am 3. Juli 1921 war Carl Duisberg zusammen mit den Rektoren der Universitäten Köln und Bonn ein zweites Mal Gast in Birlinghoven, und auch diesmal nennt er jeden seiner vielen Titel.

 

Konrad Adenauer

Konrad Adenauer, der 1917 und 1922 im Schloß war, schreibt dagegen nur seinen Namen.

Tennisbaron Gottfried von Cramm

Tennisanlage der GMD-Betriebssportgemeinschaft (1997)
Tennisanlage der GMD-Betriebssportgemeinschaft (1997)

Louis Hagen und seine Frau Emma hatten zwei Töchter, die beide in alte Adelsfamilien einheirateten. Die ältere Tochter, Elisabeth, wurde 1909 die Frau von Freiherr Clemens von Wrede-Melschede. Die jüngere Tochter Maria verheiratete sich zwei Jahre später mit Robert Freiherr von Dobeneck (und nach dessen Tod mit Stanislas Graf Strachwitz). Ihre achtzehnjährige Tochter aus erster Ehe, Lisa von Dobeneck, wiederum heiratete am 1. September 1930 den deutschen Tennismeister Gottfried Freiherr von Cramm.

Kurz vor der Hochzeit wurde ein Tennisplatz auf dem Gelände des Schlosses angelegt. Vielleicht gab die Verbindung zwischen Enkelin und Tennisbaron aber auch nur den letzten Anstoß, denn es war in jener Zeit in begüterten Familien modern, den Nobelsport Tennis auf eigenem Platz auszuüben. Ende der fünfziger Jahre wurde die Anlage auf drei Plätze erweitert und das Clubhaus gebaut (vgl. Bild mit heutigem Bauzustand).

Gottfried von Cramm hat, wie Zeitzeugen berichten, bei seinen vielen Besuchen in Birlinghoven regelmäßig Tennis gespielt. Sein Lieblingsgetränk war eine aus England eingeführte spezielle Teemischung, die Schloßbedienstete jedesmal besorgen mußten. Die Umstände bestätigen Aussagen über häufige Besuche, denn Louis Hagen sponsorte das Ehepaar Cramm mit erheblichen Mitteln. Louis Hagen ermöglichte nicht nur seinen beiden Töchtern eine standesgemäße Lebensführung, sondern er sorgte auch für das junge Paar: "Eine sehr großzügige Apanage des Großvaters Hagen sorgte dafür, daß seine Enkelin und ihr Mann nicht nur ein finanziell sorgenfreies Auskommen hatten, sondern ... durch Zofe, Köchin, Diener und Chauffeur unterstützt, ein herrschaftliches Haus führen konnten." [1]

Das erste Gästebuch des Schlosses, das leider nur bis zum Jahr 1924 reicht und von häufigen Besuchen der Töchter zusammen mit den Enkelkindern zeugt, deutet in dieselbe Richtung. Zum Beispiel schreibt die spätere Lisa von Cramm Weihnachten 1920 "Ich danke Euch, liebe Oma und Opa, für die schönen Weihnachten hier. Mach Gott, daß ich es noch oft erlebe". Mit Sicherheit war dies nicht der letzte Besuch, zumal sich der Großvater so großzügig zeigte. Die Ehe wurde 1937 geschieden, Lisa und ihr neuer Partner Gustav Jaenecke bleiben freundschaftlich mit Gottfried von Cramm verbunden.

  1. Egon Steinkamp: Gottfried von Cramm - Der Tennisbaron. Berlin 1990, Seite 54

Bericht von Waltraud Herchenbach

Waltraud Herchenbach (mitte, vorne), damals etwa 12 Jahre, mit ihrem Vater (ganz links), ihrer Mutter (mitte, sitzend) und einem Teil des Offiziersclub-Personals auf der Terrasse von Schloß Birlinghoven
Waltraud Herchenbach (mitte, vorne), damals etwa 12 Jahre, mit ihrem Vater (ganz links), ihrer Mutter (mitte, sitzend) und einem Teil des Offiziersclub-Personals auf der Terrasse von Schloß Birlinghoven

Waltraud Herchenbach, die Tochter des ehemaligen Schloßverwalters Josef Lütz und seiner Frau Margarete, kann interessante Geschichten über das Schloss und seine Bewohner erzählen.

In Erinnerung geblieben sind ihr zunächst einmal Erzählungen vor allem der Eltern. "Für meinen Vater kam erst das Schloss und nochmals das Schloss, und dann kam ich", berichtet sie.

Große wie kleine Ereignisse wurden mitempfunden, die Atmosphäre des Schlosses übertrug sich auf alle. Obwohl selbst noch gar nicht dabeigewesen, ist sie heute noch von der damals vermittelten Stimmung fasziniert: "Wenn Schnee lag, wurden nachmittags wurden die Pferde vor die Schlitten gespannt. Nach Anbruch der Dunkelheit wurden die Herrschaften wieder im Schloss empfangen. Die Lampen mußten dann angezündet sein, und es standen schon heiße Getränke bereit." Alle nahmen, wenn auch unterschiedlich, persönlich Anteil an solchen und anderen stilvoll zelebrierten Ereignissen.

Es war vor allem eine Erwachsenenwelt, in die Frau Herchenbach 1936 geboren wurde. Die etwas älteren Enkelkinder der Familie von Wrede, die Comtessen Christa und Gabriele (hier hoch zu Pferde), waren nur selten Ersatz für richtige Nachbarskinder. Kinder aus dem Dorf durften nicht ins Schloß, und sie mußte daher zum Spielen ausbüxen. "Es war keine übliche Kindheit", meint Frau Herchenbach, "ich bin stattdessen schon früh bei allen Arbeiten im Schloß dabeigewesen".

Die lebhaftesten Erinnerungen stammen aus der Nachkriegszeit. Sie lacht heute wie damals darüber, daß sie 1945 als Neunjährige einen überraschend eintreffenden Bus mit Offizieren der amerikanischen Besatzungsmacht ohne fremde Hilfe aus der Schlossküche versorgte. Vom Offiziersclub der Royal Air Force, der nach dem amerikanischen Militärgouverneur in Schloß Birlinghoven eingerichtet war, sind ihr die wöchentlichen Tanzveranstaltungen im Gedächnis geblieben, zu denen die Kapelle "Rometsch" aus Siegburg aufspielte.

1952 wurde dann für wenige Tage das Schloss wieder herrschaftlich eingerichtet, als Christa Gräfin Schaesberg, eine Enkelin Elisabeth von Wrede's, hier ihre Hochzeit mit Simon Ranner feierte. Danach fiel das Schloss in einen durch Umbauten zeitweise gestörten Dornröschenschlaf, bis dann 1959 die Shell AG kam. Vater Josef Lütz wurde nach 48 Jahren Tätigkeit als Schlossverwalter pensioniert, und auch Waltraud Herchenbach's Zeit auf Schloss Birlinghoven ging mit einem schönen Schlusspunkt zu Ende, als sie 1959 selbst in der Schlosskapelle heiratete.